Liebe NEOS

Im Rahmen einer langen Karriere beim ÖBH und im Bundesministerium für Landesverteidigung durfte ich alle Höhen und Tiefen der österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik kennenlernen. Dies insbesondere, da ich seit 2006 hauptverantwortlich für die konzeptive Ausrichtung des österreichischen Bundesheeres war und ab 2013 als Streitkräfteplaner sehr politiknahe mit den unterschiedlichsten MinisterInnen arbeiten durfte.

Dies war insofern prägend für mich, als ich feststellen musste, dass im Wesentlichen weder Fachkompetenz noch die Interessen der Organisation im Vordergrund standen, sondern vorrangig Parteiinteressen für Entscheidungen ausschlaggebend waren, und dies unabhängig davon, welcher Partei die Ressortführung angehörte.

Bestes Beispiel war die Entscheidung, eine Volksabstimmung über die Wehrpflicht abzuhalten, nur weil man sich einige Prozentpunkte mehr erhoffte – was dann übrigens nicht eingetreten ist. Auch bei Postenbesetzungen ging und geht es vorrangig um Parteiinteressen, was allerdings nicht nur auf das Verteidigungsressort zutrifft, sondern für alle staatlichen Bereiche gilt, wie auch bei diversen Verfahren gerade zu beobachten ist.

Als politisch interessierter Mensch kam ich zu der Überzeugung, dass dies nicht der Normalzustand in der österreichischen Verwaltung sein sollte und es eine politische Erneuerung braucht. Dies betrifft aber nicht nur die oa. Missstände, sondern auch andere brisante Themenstellungen, die eigentlich schon längst politisch aufgearbeitet werden sollten.

Dazu gehört ua. der schlampige Umgang mit der Neutralität, die mittlerweile zu einem Element der Willkürlichkeit verkommen ist und immer nur dann zur Anwendung kommt, wenn es gerade passt, wobei die Sinnhaftigkeit einer militärischen Neutralität inmitten eines Staatenbundes generell zu hinterfragen ist. Die gesamte Außenpolitik der Republik orientiert sich am eigenen vermeintlichen Vorteil, ohne angemessene Verantwortung oder Solidarität zu zeigen. Dies betrifft naturgemäß auch den Umgang der österreichischen Politik mit der EU. Der schlechteste Wert der Zustimmung der Bevölkerung zur EU kommt nicht von ungefähr. Wenn alle Errungenschaften der EU kleingeredet werden und die Solidarbeiträge permanent als Zumutung dargestellt werden, darf dies keinen wundern.

Auch im Bereich der österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zeichnet sich völlige Orientierungslosigkeit ab. Am Westbalkan wurden die Hilferufe der Bosnier bis zuletzt ignoriert und dem Wunsch anderer Nationen, doch länger das Kommando von EUFOR wahrzunehmen, nicht nachgekommen. Dafür hat sich Österreich – völlig untypisch für einen Neutralen – von Anfang an als vehementer Unterstützer Israels exponiert, was im Übrigen auch für die Ukraine gilt. Und das besondere Verhältnis zu Russland besteht neben der Energieabhängigkeit primär deshalb, weil Russland Österreich als günstiges Einfallstor in die EU sieht, was auch nicht gerade dem Selbstverständnis eines Neutralen entspricht.

Diese Zustände wollte ich schon immer ändern, allerdings hatte ich aufgrund des beruflichen Arbeitsdruckes nicht die Zeit, mehr zu tun, als zu wählen. Dies ändert sich allerdings mit der Beendigung meiner aktiven Dienstzeit Mitte nächsten Jahres.

Ich war bereits im Jahr 2012 sehr angetan, als Matthias Strolz die Gründung der NEOS verkündete mit dem Anspruch auf Politikerneuerung, absolute Transparenz und Unterstützung eines starken Europas. Schon damals hatte ich mir vorgenommen, für diese Bewegung aktiv zu sein, sobald sich die Möglichkeit ergibt.

Da ich mehrmals an Vorlagen für das Regierungsprogramm mitgearbeitet habe, hat mich die Klarheit des NEOS Leitantrags vom Juli 2023 beeindruckt, auch wenn in diesem Programm manche Inhalte sehr visionär wirken. Beispielsweise scheint die Vision einer eigenständigen Europa-Armee in weiter Ferne, die Aufstellung eines starken europäischen Kommandos innerhalb der NATO, dem die Amerikaner prinzipiell schon 1951 zugestimmt haben, jedoch machbar - und Österreich könnte Vorreiter sein.

Ich bin besonders daran interessiert, die NEOS va. in jenen Bereichen, in denen ich kompetent bin, zu unterstützen und an einer Umsetzung mitzuarbeiten. Das sind naturgemäß alle sicherheits- und verteidigungspolitischen Themen, aber auch EU- und Außenpolitik sowie generell gesellschaftspolitische Themen wie Digitalisierung, Innovation und Wissenschaft. 

Da ich aufgrund meiner Tätigkeit sehr viel im sicherheits- und verteidigungspolitischen Bereich mit der EU und anderen Nationen zu tun hatte, in letzter Zeit mehrmals in der EU über die Sicherheitslage am Westbalkan vorgetragen habe und ein sehr gutes Gesprächsklima mit vielen Diplomaten, Verteidigungsministern und Generalstabschefs habe, wäre es eine Option, dieses Netzwerk zu nützen, solange es noch besteht. Im nationalen Kontext habe ich immer noch beste Kontakte zu Repräsentanten v.a. der anderen Sicherheitsministerien (BKA, BM.I, BMeiA) im Bereich der Umfassenden Sicherheitsvorsorge und des Staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements sowie im Bereich der Cyber-Sicherheit.

Natürlich entsprechen auch die restlichen NEOS-Kernthemen meiner Überzeugung und in meinem privaten Umfeld haben va. die Bildungspolitik und Transparenz bereits zu Mitgliedschaften bei den NEOS geführt.

Ich habe mich daher dazu entschlossen, für einen Listenplatz auf der Liste der NEOS zu kandidieren, obwohl ich mir keine Illusionen über die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges mache. Vielmehr möchte ich damit mein Angebot untermauern, die NEOS in ihrem Anspruch der Erneuerung v.a. im sicherheitspolitischen Bereich, der meine Kernkompetenz ist, zu unterstützen.

Mit besten Grüßen

Helmut Habermayer